22.02.2020 14:00 bis 22.02.2020 16:00
Nachglüh-Apéro AKW Fessenheim I
Seit 15 Jahren protestieren (NWASchweiz) und der Trinationale Atomschutzverband (TRAS), welchem um die hundert Gemeinden und Städte aus der Schweiz, Frankreich und Deutschland angehören, gegen das AKW Fessenheim. Das Atomkraftwerk Fessenheim im Elsass ist keine rein französische Angelegenheit. Über die Stromkonzerne BKW, Axpo und Alpiq sind auch etliche Schweizer Gemeinden und Kantone am französische Atomkonzern Eléctricité de France (EDF) beteiligt. TRAS hat in Paris ungefähr ein halbes Dutzend Prozesse gegen die Betreiber geführt. Mit Erfolg! In der Nacht auf Samstag wurde der Reaktor I endlich stillgelegt.
Das älteste Kraftwerk Frankreichs gilt als äusserst unsicher und schlitterte 2014 knapp an einem Supergau vorbei. Das grösste Problem ist die mangelnde Erdbebensicherheit. Die Erdbebengefährdung in der Region Basel ist gross und bekannt. Hierfür ist das 1977 gebaute AKW Fessenheim allerdings nicht gerüstet. Auch jetzt müssen wir noch befürchten, dass der Rhein-Rhône-Kanal im Fall eines Erdbebens nicht dicht bleibt. Da der Kanal das Kühlwasser für das Kraftwerk liefert, wäre das verheerend. Bis heute konnte das Kraftwerk nicht aufzeigen, dass es eine ausreichende Notkühlung hat, wenn die primäre Kühlquelle versiegt. Ganz sicher können wir daher erst sein, wenn im Juni auch der Reaktor Fessenheim II vom Netz geht.
Nomatark wird am Nachglüh-Apéro für das Verstärken der Reden mit Solarstrom gebucht.
«Atomstrom ist nicht wirtschaftlich. Hartnäckig hält sich die Meinung, dass Kernenergie billigen CO2-armen Strom liefere. Ein Team von WissenschaftlerInnen hat die Atomkraft betriebswirtschaftlich eingehend untersucht. Es ging hierbei um die Frage, ob es – aus wirtschaftlich-finanzieller Sicht – Sinn ergab und ergibt, in die Atomkraft zu investieren bzw. weiterhin Atomkraftwerke zu bauen und zu betreiben. Das Ergebnis der WissenschaftlerInnen ist eindeutig: „Atomkraft ist zu teuer und gefährlich und daher keine Option. Die Stromproduktion in Atomkraftwerken ist also marktwirtschaftlich nicht wettbewerbsfähig.
Keines der bisher über 600 auf der Welt gebauten Atomkraftwerke war je wettbewerbsfähig. Über lange Jahre betrieben wurden und werden sie nur, weil Regierungen sie massiv subventioniert haben. Dennoch sind heute noch in mehreren Ländern der Welt neue AKWs in Planung, mancherorts wird überlegt, in bestehende AKWs zu investieren, um sie länger laufen zu lassen - angeblich auch, weil die Technologie zum Klimaschutz beitragen kann. Am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wurde die Rentabilität von Investitionen in AKWs mittels eines betriebswirtschaftlichen Modells ermittelt. In das Modell fließen die heutigen und künftigen Strompreise ein, die Investitionskosten, die Kapitalkosten. Fazit: Im Durchschnitt hat jedes AKW, das heute gebaut wird, einen negativen Nettobarwert, generiert also einen Verlust von rund 4,5 Milliarden Franken. Unter keinen realistischen Umständen kann ein AKW einen positiven Nettobarwert ausweisen, im besten Fall entsteht ein Verlust von 1,5 Milliarden Franken. Es steht also fest, dass es sich auch in Zukunft nicht rentieren wird, in Atomenergie zu investieren – weder in neue AKWs noch in die Verlängerung bestehender. Wir müssen auch bedenken, dass zu den betriebswirtschaftlichen Rechnungen auch horrende Kosten dazukommen, die von der Gemeinschaft getragen werden, zum Beispiel für die Lagerung von Atommüll. Im Schadensfall existiert keine genügende Versicherung und die finanziellen Reserven reichen für den Rückbau und die Entsorgung der Atomkraftwerke nach der Stilllegung nicht aus
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Fokus auf den Ausbau der Nuklearindustrie
eine Investition in eine Wirtschaft mit schwindender Rohstoffquelle und möglichen Rohstoffengpässen bedeuten würde, deren Energieausbeute in absehbarer Zeit stark sinken wird, deren Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist und die grosse Gefahren für die Menschen bedeutet.Atomstrom ist nicht klimafreundlich. Atomstrom ist zudem keineswegs CO2-neutral. Die Treibhausgasemissionen sind größtenteils der Stromproduktion vor- und nachgelagert. Betrachtet man den gesamten Lebensweg – von Uranabbau, Brennelementherstellung, Kraftwerksbau und -rückbau bis zur Endlagerung – so ist in den einzelnen Stufen des Zyklus zum Teil ein hoher Energieaufwand nötig, wobei Treibhausgase emittiert werden.
Bei Stromerzeugung aus Kernenergie fallen Emissionen auch im Betrieb an, da Uran abgebaut, angereichert und für sehr lange Zeit endgelagert werden muss. Insbesondere die CO2-Emissionen die noch für die Endlagerung entstehen werden, sind nur schwer absehbar (da es nur sehr wenige empirische Daten gibt). Studien kommen zum Ergebnis, dass eine Kilowattstunde Atomstrom mehr CO2-Emissionen erzeugt als Strom aus erneuerbaren Energieträgern. Der Uranerzgehalt wird in Zukunft sinken - dadurch wird der Abbau mehr Energie benötigen. Ab einem Erzgehalt von ca. 0,01 % wird der Energieaufwand für den Abbau so hoch, dass die Gesamtenergiebilanz negativ wird. Fazit: Da der Rohstoff Uran ebenso wie Erdöl nur begrenzt vorhanden ist, fehlt dem Atomstrom die Zukunftsfähigkeit. Ein Kernkraftwerk, das jetzt gebaut wird, könnte nicht bis zum Ende seiner Nutzungsdauer mit Uran versorgt werden. Wie vorher dargelegt ist die Kernkraft zudem weder wirtschaftlich rentabel noch klimafreundlich. Jede Investition in Atomkraft hemmt darüber hinaus den Ausbau der Erneuerbaren und den Umbau des Energiesystems als Ganzes.
Atomkraft stellt daher keine relevante Option für eine wirtschaftliche, klimafreundliche und nachhaltige Energieversorgung dar. Die derzeit beschworene „Renaissance“ der Atomkraft ist vielmehr ein letztes Aufbäumen einer sterbenden Industrie, welche vor allem dadurch geprägt ist, die finanzielle Verantwortung dem Staat zuzuschieben.
Die Energie-, Klima- und Industriepolitik sollte daher auf einen raschen Ausstieg aus der Atomkraft hinwirken. Von Subventionen oder besonderen Tarifierungen für Laufzeitverlängerungen ist abzuraten, weil sie das risikobehaftete und unwirtschaftliche System fortschreiben.»
Rede von Katja Christ-Rudin (Nationalrätin, grünliberale)
Am «Nachglüh-Apéro» feierten rund 60 Teilnehmende den Erfolg. Die Basler Nationalrätin Katja Christ (GLP) erinnerte daran, dass keines der ca. 600 AKWs weltweit war je marktwirtschaftlich wettbewerbsfähig war. Ihre Nationalrats-Kollegin Sibel Arslan (Grünes Bündnis) sagte die Schliessung des AKW Fessenheim I sei „ein Schritt in Richtung einer höheren Lebensqualität, ein Symbol für den Wandel“. Der deutsche Bundestagsabgeordnete Gerhard Zickenheiner (Bündnis 90/die Grünen) aus Lörrach erinnerte daran, dass mit der Schliessung des AKWs eine Verpflichtung für die Region einher geht, den Menschen in Fessenheim und Umgebung eine wirtschaftliche Perspektive zu bieten. Denn sonst könnten sie für rechtsnationalistische Botschaften empfänglich werden. Jan Schudel (Präsident NWA Region Basel) erinnerte an das langjährige Engagement verschiedenster Gruppierungen, Organisationen und Parteien aus dem Elsass, Südbaden und der Nordwestschweiz gegen das Pannen-AKW, die gemeinsam zu dem Erfolg der Schliessung beitrugen. Der NWA-Geschäftsführer Peter Stutz wies auf die Herausforderungen der Energiewende in der Schweiz hin, wo insbesondere im Winter mehr erneuerbarer Strom nötig sein wird. Den fulminanten Schlusspunkt setzte NWA- und TRAS-Vizepräsident Rudolf Rechsteiner: «Es ist ein Freudentag: Fessenheim I wurde abgeschaltet, bevor ein Unfall passiert.»
Im Auftrag von
Mit Reden von
Rudolf Rechsteiner (alt Nationalrat SP, Vizepräsident TRAS), Sibel Arslan (Nationalrätin, grünes Bündnis), Katja Christ-Rudin (Nationalrätin, grünliberale), Peter Stutz (Geschäftsführer NWA Schweiz), Jan Schudel (Präsident NWA Region Basel) und Gerhard Zickenheiner (Mitglied des deutschen Bundestages, Bündnis 90/Die Grünen)
Datum und Ort
22. Februar 2020, Claraplatz Basel
Nachglüh-Apéro AKW Fessenheim I
60
9.8 kg
1
2 h
4.8 km
0.18 kw/h